Hassplattform ist Geschichte
SMS at, ein Relikt aus dem vorigen Jahrtausend, stellt seinen Betrieb ein. Gelegenheit für mich, einige Erinnerungen ad acta zu legen. Ich kannte SMS.at nur als Werkzeug für Hater, die die Plattform nutzten, um mir anonym und ohne ihre eigene Nummer preisgeben zu müssen, Hassnachrichten zu schicken. In jener Zeit, als ich noch keine eigene Website mit hochschwelliger Kontaktmöglichkeit betrieb, einfach mit Telefonnummer inserierte und somit für Hinz und Kunz erreichbar war.
Jeder, dem meine Präsentation unsympathisch war, jeder, den ich abwies, jeder, der sich dachte, die deppate Oide soll ned so gscheit daherreden, is eh nur a H*r, jeder, der keinen Termin (mehr) bei mir bekam, konnte dort seinen Hass einfach eintippen und mir zu jeder Tages- und Nachtzeit Beschimpfungen über meinen Körper, mein Alter, Beleidigungen und Drohungen schicken, mir Vergew*ltigung wünschen. Oder Menschen, die sich in meiner Anfangszeit einen Spaß daraus machten, mich mit meinem Klarnamen anzusprechen, den sie irgendwie herausgefunden hatten. “Hallo Gabi, hast du nächste Woche Zeit für ein Date?” Das Machtgefühl dahinter: Ich weiß, wie sie heißt, jetzt mach ich ihr ein bisschen Angst und versteck mich hinter SMS.at.
Einige Male war der abgrundtiefe Hass, der da aus den Zeilen tropfte, so schlimm, dass ich Herzrasen und Atemnot bekam und nur mit Mühe eine aufsteigende Panikattacke unterdrücken konnte. “Der kennt dich doch gar nicht”, “das ist doch nur ein armes Würstel” – das half alles nichts, wenn die sprachliche Gewalt mir um 2 Uhr morgens aus dem Handy ins Gesicht sprang und sich in mir verbiss, mir qualvollen Tod und sexuelle Folter wünschte. Ich lernte langsam, Nachrichten nicht mehr zu öffnen, mich nicht mehr damit zu beschäftigen, wenn der Absender SMS.at war. Ich brachte meinem Handy bei, diese Nachrichten gleich automatisch von vornherein in einen eigenen Spamordner zu verschieben, um mich zu schützen. Wenn von SMS.at eine Nachricht kam, KONNTE das nur etwas sein, was ich NICHT lesen wollte.
Irgendwie tröstlich, dass dieses Ding nun in der Geschichte der Menschheit verschwindet.
Die einzigen Hassnachrichten, die ich heute noch vereinzelt in der Nacht bekomme, stammen von Sexarbeitsgegner*innen, die mich verantwortlich machen für alles, was zwischen Frauen und Männern schief läuft und dafür mein Kontaktformular oder die Kommentarfunktion im Blog missbrauchen. Sie klingen genauso wie die der Incels und Frauenhasser damals. Es ist inhaltlich tatsächlich dasselbe, inklusive Beschämung für meinen Körper und des Wünschens von Gewalt, nur der Beweggrund ist ein anderer.
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