Paaranfragen
Liebe Leser:innen, ich freue mich immer über Post, die mich über mein Buchungsformular erreicht, bedeutet dies doch meist, jemand meint es ernst mit mir, da die betreffende Person sich das ganze Anamneseprozedere und Ausfüllen der von mir erbetenen Infos inklusive Klarnamen oder Anzahlungsangebot angetan hat. Der Kontakt zu mir und meiner Dienstleistung ist bewusst sehr hochschwellig angesetzt, um alle nur halb Interessierten und aus niederträchtigen Beweggründen anfragenden Personen möglichst effektiv zu vergraulen (dazu gehören vor allem: toxische Narzissten, die mich als Projektionsfläche für ihr fragiles Ego zu missbrauchen gedenken, mir gleich in der initialen Anfrage in gönnerhaftem Tonfall einen Vorgeschmack auf die von ihnen hinter der heuchlerischen Fassade von Anerkennung zu erwartenden Abwertungs- und Beschämungsversuche geben, und Freierforenschreiberlinge, denen misogyne Wichtigtuerei in meist haarsträubendem Deutsch und/oder das Ansehen durch ihre “Kollegen”, die sie nie im Leben persönlich treffen werden, mehr wert sind, als die intime Zeit, die sie mit einer Frau verbringen).
Wie ihr seht, habe ich relativ klare Vorstellungen davon, wem ich meine Dienstleistung NICHT anbiete. Ansonsten bin ich ziemlich offen für die verschiedensten Eigenschaften von Interessenten. Ich lasse mich voll auf die Person ein, die mich bucht. Äußerlichkeiten sind hierzu absolut nicht relevant. Wer mir das Gefühl vermittelt, dass ich mich beim persönlichen Treffen wohl und sicher fühlen werde, wird eine Antwort von mir erhalten.
In den letzten Monaten gab es nun einen signifikanten Anstieg von Interessenten, die zwar grundsätzlich in meine Zielgruppe fallen würden, super nett und wertschätzend sind, die ich aber trotzdem nicht in der “Form” treffen kann, in der sie anfragen: Nämlich gemeinsam mit ihrer/ihrem PartnerIn.
Woran es nun liegen mag, dass Paare mich in den letzten Monaten vermehrt als Escort in Betracht ziehen, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich freue mich natürlich ehrlich über dieses positive Interesse, welches mir hier zuteil wird. Daher fühle ich mich gerade ein wenig bemüßigt, meine Beweggründe darzulegen, warum ich für Paare nicht buchbar bin:
Paardynamik
Das liegt zum einen an der für mich nicht überblickbaren Dynamik, in die ich hineingezogen werde. Wenn ich Menschen nicht bereits persönlich kenne, ist für mich nicht abschätzbar, ob die Zusammenkunft zu dritt wirklich für alle Beteiligten so wünschenswert ist. Ich hatte da schon mal das Gefühl, dass hier eine Person eher übervorteilt wird und halt “mitmacht”, um der anderen Person einen Wunsch zu erfüllen. Das fühlt sich für mich ganz und gar nicht gut an.
Oft ist schon in der initialen Anfrage spürbar, dass ich eine Art Erfüllungsgehilfin sein soll für den Abbau einer Spannung oder auch Aggression, die zwischen den beiden Paarangehörigen besteht. Ob ich dazu “gebraucht” oder doch eher “missbraucht” werde, möchte ich nicht beurteilen, also begebe ich mich nicht in diese Situation.
Komplexität und Steuerbarkeit
Ein weiterer Grund für meine Bedenken gegen Paarbuchungen liegt in mir selbst: Ich betrachte mich als pathologisch empathisch. Das wird mir mit 2 Personen schlicht und ergreifend zu viel. Das überfordert mich. Allein schon die Komplexität der Kommunikation steigert sich vom 2er- zum 3er-Setting ins Unermessliche. Ich kann dann schlechter steuern, was geschieht. Was viele bezweifeln oder in Abrede stellen ist wahr: Als Sexworker hat man normalerweise zu jeder Sekunde die Kontrolle über die Geschehnisse. Auch dann, wenn ich nach außen völlig passiv erscheine, so bin ich das, weil ich dies jetzt so entschieden habe, und ich bin es so lange, wie es mir angenehm und richtig erscheint. Diese Kontrolle kann ich aufrechterhalten, solange ich mit einem Kunden oder einer Kundin alleine bin. Sollte irgend etwas auftauchen, was mir auch nur im Ansatz unangenehm erscheint, so überführe ich das sofort und elegant in etwas anderes, sodass es wieder passt für mich. Natürlich ohne dass der Kunde oder die Kundin dies merkt.
Bin ich jedoch mit einem Paar zugange, wird dies ungleich schwieriger. Ich muss dann die Bedürfnisse beider Personen lesen und spüren, wer was erregend findet. Was, wenn ich etwa spüre, dass der Frau etwas gefällt, was der Mann nun mit mir zu tun gedenkt, was mir aber nicht so angenehm ist? Sie ist ja dann auch Kundin. Elegant ablenken und in was anderes überführen ist angesichts zweier Personen nicht mehr so easy. Es wird dann schwieriger, die Situation in eine Richtung zu lenken, die für mich beherrschbar ist.
Gestus
Ein letzter Punkt für meine Abneigung gegen Paarbuchungen liegt für mich schließlich im Gestus vieler Paaranfragen. Oft schwingt in den Worten, die an mich gerichtet werden, ein Bild von meiner Tätigkeit mit, das diese quasi auf das Hinhalten von Körperstellen reduziert. Manchmal wird das auch ziemlich explizit so ausgesprochen. Die anfragenden Paare stellen sich dann gerne als Kontrast zu meinem sonstigen Job dar, den sie sich als ach so ermüdend und peinigend zusammenphantasieren – sodass ich wohl geradezu froh sein sollte, endlich mal was “Niveauvolleres” zu tun zu bekommen, als mich ständig nur ficken zu lassen. Wenig überraschend, dass diese Paare dann meist einen Pappenstiel an Honorar anbieten, denn schließlich hab aus deren Sicht ja ICH was davon, dass ich IHNEN zu Diensten sein darf. Üblicherweise ist da schon im ersten Satz von “attraktiv”, “niveauvoll” und “diskret” die Rede, was mein Interesse auf Weiterlesen auf sehr niedriges NIVEAU reduziert…
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